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Geschichte

Die Anfänge

Die Idee eines Binnenschifffahrtskanals in der Schweiz geht in das 17. Jahrhundert zurück. Elie Guret, ein Franzose im Dienste der protestantischen Niederlande, erarbeitete 1635 das  Projekt eines Kanals von den Niederlanden über den Rhein und die Aare, die Juraseen, den Genfersee und die Rhone ins Mittelmeer.

Ziel war es, den über 4000 km langen Seeweg um Frankreich und die Iberische Halbinsel nach Korsika und Sizilien zu umgehen, zumal dort Engländer und Spanier und im westlichen Mittelmeer Piraten den niederländischen Güterschiffen auflauerten. Schlüsselstelle für den Kanal schien dem Franzosen die Verbindung zwischen dem Neuenburgersee und dem Genfersee zu sein.

Er unterbreitete daher als erstes der Berner Regierung, die die Herrschaft über das Gebiet hatte, ein Konzessionsgesuch. Diese war dem Ansinnen wohlgesinnt, sodass die Arbeiten bereits 1638 in Angriff genommen werden konnten. Der Kanal d‘Entreroche von Cossonay bis in den Neuenburgersee wurde 1648 in Betrieb genommen und bis 1829 betrieben.

Für die Weiterführung des Kanals in den Genfersee fehlte aber das Geld. So diente der Kanal vor allem dem regionalen- und überregionalen Warenaustausch, nicht zuletzt der Belieferung der Berner und Solothurner Ratsherren mit Waadtländer Wein.

Die Rendite lag über die ganze Zeit bei rund 5 %, 1720 - 1770  bei rund 20 - 25 %. Der Bau von Strassen, eine einstürzende Aquäduktbrücke  und das Aufkommen der Eisenbahn setzten dem Betrieb 1829 ein Ende. Reste des Kanals durch den Mormont können heute noch besichtigt werden.

 

Die Rheinschifffahrt, die Mannheimer Akte und eine Übereinkunft mit Baden

Nördlich der Schweiz war die Schifffahrt auf dem Rhein schon weit fortgeschritten. In der Mannheimer Akte vom 17. Oktober 1868, einer revidierten Rheinschifffahrtsakte, wurde verankert, was vorher schon verwirklicht worden war: Die Freiheit der Schifffahrt auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen, soweit sie in den Vertragsstaaten liegen. Sie gründet auf dem Wiener Friedensvertrag von 1815.

Das Vertragswerk ist heute noch gültig und ist unkündbar, wie das bereits in der Wiener Kongress-Akte vorgesehen wurde. Die Unterzeichnerstaaten der Mannheimer Akte sind Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, die Niederlande und die Schweiz.

Am 1. Januar 1880 trat eine Übereinkunft zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden in Kraft, die den Wasserverkehr auf dem Rhein von Neuhausen bis unterhalb Basel regelt. Danach ist die Schifffahrt und Flossfahrt auf dem Rhein von Neuhausen bis unterhalb Basel jedermann gestattet. Sie unterliegt nur den Beschränkungen der Steuer- und Zollvorschriften und der polizeilichen Rücksichten für Sicherheit und Ordnung des Verkehrs.

 

Die Nennung schiffbarer Gewässerstrecken in der Schweiz

Im Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22.12.1916, also im Wasserrechtsgesetz, sind die schiffbaren Gewässerstrecken erstmals dokumentiert.

Schiffbar im Sinne dieses Gesetzes ist der Rhein unterhalb von Rheinfelden mit den wesentlichen Hafenstandorten Birsfelden, Birsfelden-Au, Basel-St.Johann und Basel-Kleinhüningen. Die Schiffbarmachung folgender Gewässerstrecken einschliesslich der wesentlichen Hafenstandorte ist vorbehalten:

  • des Rheins vom Raum Aaremündung bis Rheinfelden
  • der Rhone vom Genfersee bis zur Landesgrenze.

Im Übrigen bestimmen die Kantone im Rahmen des Binnenschifffahrtsrechts, in welchem Mass die Gewässer der Schifffahrt offen stehen und welche Anlagen sie dafür bereitstellen oder zulassen.

Für die Schiffbarmachung der Gewässer nach Artikel 24 Absatz 2 erstellt der Bund einen Sachplan nach dem Raumplanungsgesetz. Die raumplanerische Umsetzung erfolgt über den kantonalen Richtplan nach diesem Gesetz. Wasserkraftwerke an den Gewässerstrecken nach Artikel 24 sind so anzulegen, dass die Schiffbarkeit erhalten bleibt oder ausgebaut werden kann, beziehungsweise die spätere Schiffbarmachung der Gewässerstrecke möglich ist. Insbesondere ist der nötige Raum für den Einbau von Anlagen für die Grossschifffahrt freizuhalten.

 

Grafik: Der Rhein von Basel bis zum Bodensee

 

Vereinbarung mit Deutschland

Im Vertrag zwischen der Schweiz und Deutschland über die Regulierung des Rheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein ist in Art. 6 die Hochrheinschifffahrt dokumentiert. Die schweizerische und die deutsche Regierung sind sich darin einig, dass im Zusammenhang mit der Regulierung des Rheins von Strassburg/Kehl bis Istein die Ausführung des Grossschifffahrtsweges von Basel bis zum Bodensee anzustreben ist.

Beide Regierungen kommen überein, dass der Schweizerische Bundesrat mit der badischen Regierung einen Vertrag abschliessen wird, sobald die wirtschaftlichen Verhältnisse die Ausführung des Unternehmens möglich erscheinen lassen. Darin sollen insbesondere eine angemessene Kostenbeteiligung der Schweiz, die Fristen für die Ausführung des Unternehmens und seine technische und administrative Förderung festgelegt werden.

Um die Erstellung eines Grossschifffahrtsweges zu fördern, sagt der Schweizerische Bundesrat in dem am 28. März 1929 unterzeichneten Vertrag zu:

  • Die Verhandlungen betreffend der Erteilung neuer Konzessionen für Kraftwerke zwischen Basel und dem Bodensee nach den bisherigen Grundsätzen gemeinsam mit der badischen Regierung zu führen und möglichst zu beschleunigen.
  • Die bisher im Interesse der Grossschifffahrt üblichen Auflagen auch bei Erteilung neuer Konzessionen im Einvernehmen mit der badischen Regierung zu erlassen.

 

Die Hochsaison der Schifffahrts-Projekte und der Binnenschifffahrtsverbände

Die Hochsaison der Schifffahrtsprojekte lag in den 20er und 30er Jahren sowie in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Dazwischen lag der 2. Weltkrieg, in dem der Schweizer Schifffahrt eine sehr hohe Bedeutung für die Landesversorgung zukam. Im Bundesbeschluss betreffend die schiffbaren oder schiffbar zu machenden Gewässerstrecken von 1923 waren genannt: Der Rhein von Basel bis in den Bodensee, die Aare von der Rheinmündung bis zum Bielersee, die Zihl zwischen Bieler- und Neuenburgersee und die Rhone von der Landesgrenze bis zum Genfersee. Aber auch Flussläufe im Tessin, die Reuss, die Limmat, die Glatt und die Broye sollten für den Schiffsverkehr freigehalten werden.

Auf Basis dieses Beschlusses entstanden Binnenschifffahrtsprojekte wie die Verbindung von Basel zum Bodensee, der transhelvetische Schifffahrtskanal Rhein-Aare-Bielersee-Neuenburgersee-Genfersee mit einer Hafenanlage in Brugg, und die Verbindung von Locarno bis zum schiffbaren Teil des Po in Italien. Das Modell-Relief des transhelvetischen Kanals konnte an der Landesausstellung 1939 bewundert werden. Nach dem Krieg, 1947, beschloss die Bundesversammlung auf Antrag des Bundesrates, dem ASRR (Association Suisse pour la Navigation du Rhone au Rhin) resp. dem SRRS (Schweizerischer Rhone-Rhein Schifffahrtsverband) - einem Verband mit mehreren regionalen Sektionen, gegründet 1910 - 500‘000 Franken zur Verfügung zu stellen für die Erarbeitung eines allgemeinen Bauprojekts und Kostenvoranschlags für den transhelvetischen Kanal. Anfangs 1954 waren drei dicke Bände des Generalberichts fertiggestellt. Die Machbarkeit wurde bestätigt.

In diese Zeit fiel auch die Gründung verschiedener Vereine und Verbände, die sich für den Bau von Wasserstrassen einsetzten. U.a. der NOS (Nordostschweizerische Verband für die Schifffahrt Rhein-Bodensee), das ZHK (Zürcher Hochrhein-Komitee), das Aargauische Binnenschifffahrts-Komitee. Im Mai 1963 gründeten Gemeinden und Kantone entlang der Aare und der Juraseen sowie Banken, Bau- und Industrieunternehmen, vornehmlich aus der französischsprachigen Schweiz, die Transhelvética SA, eine Aktiengesellschaft für eine transhelvetische Wasserstrasse.

 

Abnehmendes politisches Interesse

Mit dem Entscheid der Schweizerischen Bundesversammlung im März 1960, ein nationales Autobahnnetz zu bauen, richtete sich das verkehrspolitische Interesse neu ganz auf den Ausbau der Strasseninfrastruktur. Benzin und Dieselöl waren billig. Niemand machte sich Gedanken über Lärm, Unfälle, Umweltschutz  und CO2 Ausstoss. Dennoch beschlossen der Ständerat im Oktober 1971 und der Nationalrat im März 1973 eine Motion „Torche" an den Bundesrat zu überweisen. Darin wurde dieser beauftragt, ein Bundesgesetz über die Freihaltung der Wasserstrasse des Hochrheins bis in den Raum Aaremündung und darüber hinaus bis nach Yverdon vorzulegen, die Verhandlungen mit Deutschland über die Schiffbarmachung des Hochrheins weiterzuführen sowie die Prüfung anderer Verbindungen Yverdon-Genf-Rhone, Raum Aaremündung-Bodensee und Adria-Langensee fortzusetzen.

Der Bundesrat ist dem Auftrag der Motion „Torche" nie nachgekommen. Die Aufforderungen dies zu tun, haben ihn, der Stimmung im Parlament und im Volk folgend, dazu gebracht, von der Motion Abstand zu nehmen, sie abzuschreiben und stattdessen mit Zustimmung der Räte eine Verordnung über die Freihaltung von Wasserstrassen zu erlassen (in Kraft seit 1. Mai 1993). Die Binnenschifffahrts-Verbände haben vergeblich versucht, die Abschreibung der Motion „Torche" und die Verordnung über die Freihaltung von Wasserstrassen zu verhindern. Die Verordnung gilt noch für folgende Gewässerstrecken: Rhein von Basel bis Weiach, Aare von der Mündung in den Rhein bis in den Klingnauer Stausee und Rhone von der Landesgrenze bis zum Genfersee.

 

Schifffahrtspolitischer Bericht und Sachplan Verkehr

Im Herbst 2009 hat der Bundesrat einen Bericht über die Schweizerische Schifffahrtspolitik veröffentlicht.

Bericht über die Schweizerische Schifffahrtspolitik, Oktober 2009

Er hat darin der Binnenschifffahrt eine für die Schweiz massgebliche Bedeutung zugemessen und bezüglich Weiterentwicklung auf die Freihalteverordnung vom Mai 1993 und den Sachplan Verkehr und einen zu erlassenden Teil Infrastruktur Schifffahrt verwiesen. Dieser Teil Infrastruktur Schifffahrt ist im Herbst 2014 vom Bundesamt für Verkehr zusammen mit den betroffenen Kantonen formuliert und zu Beginn 2015 allen Kantonen zur Anhörung zugestellt worden. Er ist objektiv verfasst und entspricht dem Tenor des „Berichts über die Schweizerische Schifffahrtspolitik" von 2009, zu der unsere Verbände Stellung genommen haben. Es ist kein Widerstand gegen die Grossschifffahrt bis zur Aaremündung und bis Weiach und bis zum Klingnauer Stausee auszumachen. Im Gegenteil, es steht sogar geschrieben, dass an der Möglichkeit eines allfälligen Ausbaus in der weiteren Zukunft festgehalten wird. Generell wird auch offengehalten, dass der Sachplan angepasst werden kann, wenn Parameter sich wesentlich ändern. Auch zur übrigen Binnenschifffahrt (Passagierschiffe, Fähren, Lastschiffe) äussert sich der Sachplan positiv und misst ihr einen hohen Stellenwert bei (Umwelt, Sicherheit, Energieeffizienz).

 

Neue Aspekte

Neben wirtschaftlichen Überlegungen stehen heute Überlegungen im Vordergrund, die früher wenig oder keine Beachtung fanden. Die Umweltbelastung mit CO2, Unfallhäufigkeit und Lärmimissionen, die Beanspruchung von Land für Bahn- und Strassentrassees sowie zunehmende Engpässe und damit Staus im Strassen- und Bahnverkehr. Das Lastschiff ist in diesen Punkten dem LKW und der Bahn klar überlegen.

Unser Verein setzt sich daher mit anderen Verbänden weiterhin dafür ein, dass die Lastschifffahrt auf dem Rhein nicht in Basel endet sondern Richtung Zürich und Ostschweiz weitergeführt wird.

Quellen:
Schweizer Heimatschutz: Auf den Spuren einer Vision des 17. Jahrhunderts. Faltprospekt. Zürich 2004, Schweizer Heimatschutz
Wanner, Heinrich Dr.: Schweizerische Binnenschifffahrt, Vademecum 1982. Basel 1982, Verlag  G.Krebs AG
Website vwr-hochrhein.ch
Teuscher, Andreas: Schweiz am Meer. Zürich 2014, Limmat Verlag